Wasserschloss Aathal

Die Wasserkraftanlage des Kraftwerks Aathal bildet eine wasserbautechnische Einheit mit dem Kraftwerk Floos. Der Unterwasserkanal des Kraftwerks Floos geht nahtlos in den Oberwasserkanal des Kraftwerks Aathal über. Am Ende des Kanals wird das Triebwasser in einem fast 200 m langen Düker unter der Zürcherstrasse hindurch in ein Wasserschloss geführt. Im angrenzenden Turbinenhaus wird es ein zweites Mal turbiniert und beim Bahnhof Aathal wieder in den Aabach zurückgegeben. Die heutigen Bauten und Anlagen des Kraftwerks Aathal entstanden in den Kriegsjahren 1941–1943, als die Wasserrechte der beiden Spinnereien im Aathal zusammengelegt wurden.
Das Kraftwerk (Ober-)Aathal gehört zu den zwölf historischen Wasserkraftanlagen am Aabach und ist Teil des Projekts für die Erneuerung der Kleinkraftwerke am Aabach. Es steht heute noch in Betrieb und produziert elektrischen Strom, der ins lokale Netz eingespeist wird.
Bau- und Nutzungsgeschichte der Spinnerei Aathal
Nach Anfängen im Mittelalter intensivierte sich ab den 1820er-Jahren im oberen Aathal die gewerblich-industrielle Nutzung der Wasserkraft mit den Spinnereien Wegmann und Schellenberg, einer «Hauptmühle», zwei «Beymühlen» und einer Sägerei.
1862 wurde die «obere» Spinnerei Wegmann südlich der Kantonsstrasse erstellt. 1901 übernahm die Glarner Textilindustriellenfamilie Streiff unter anderem auch diese Spinnerei vom «Spinnerkönig» Heinrich Kunz. 1917 liess sie die Shed-Bau-Erweiterung errichten und erwarb die gegenüberliegende Spinnerei Wegmann. Der Börsenkrach von 1929 hatte zahlreiche Umstrukturierungen zur Folge, so auch die Stilllegung der Spinnerei Wegmann. Im Zug des Aufschwungs nach dem Zweiten Weltkrieg erfolgten wieder bauliche Erweiterungen: 1948 entstand auf der Westseite des Areals das «Zentralbüro» mit Garagen, Büroräumen und Labors und 1962 folgte ein grosser, zweistöckiger Erweiterungsbau auf der Ostseite für die damals neuen Rieter-Ringspinnmaschinen. In den 1980er-Jahren begann der Niedergang der Schweizer Textilindustrie, in dessen Verlauf die Spinnerei Aathal 2004 als eine der letzten den Betrieb einstellte.
Seit 2010 gehört das Ensemble der HIAG Immobilien Schweiz AG, die das Areal einer neuen Nutzung zugeführt hat.
Beschrieb und Geschichte des Wasserkraftwerks Aathal
Die Wasserkraftanlage des Kraftwerks Aathal (Wasserrecht Nr. 165 Bezirk Hinwil) bildet eine wasserbautechnische Einheit mit dem Kraftwerk Floos (Wasserrecht Nr. 164 Bezirk Hinwil). Auf einer Länge von rund einem Kilometer wird das Wasser parallel zum Aabach geführt und eine Fallhöhe von rund 11 m erzeugt. Im Kraftwerk Floos in Unterwetzikon wird das Wasser ein erstes Mal turbiniert. Dessen Unterwasserkanal geht unterhalb der Spinnerei Floos nahtlos in den Oberwasserkanal des Kraftwerks Aathal über. Am Ende eines offen geführten Kanals wird das Triebwasser in einem fast 200 m langen Düker unter der Zürcherstrasse hindurch in ein Wasserschloss geführt. Im angrenzenden Turbinenhaus wird es ein zweites Mal turbiniert und beim Bahnhof Aathal wieder in den Aabach zurückgegeben.
Die heutigen Bauten und Anlagen des Kraftwerks Aathal entstanden in den Kriegsjahren 1941–1943, als die Spinnerei Schellenberg stillgelegt und deren Wasserrecht (Nr. 166, Bezirk Hinwil) mit demjenigen der Spinnerei Aathal zusammengelegt wurde. 1995 wurden verschiedene ältere Anlageteile entfernt und durch eine Generalüberholung von Turbine und Generator mit einer neuen Steuerung auf den damals neusten Stand der Technik gebracht. Bei einer Bruttofallhöhe von 6,8 m beträgt die jährliche Stromproduktion im langjährigen Mittel rund 352 MWh (Referenzjahr 2007).
Dem Kraftwerk zugeführt wird das Triebwasser direkt aus dem Unterwasserkanal des Kraftwerks Floos. Über das Behelfswehr Cherschiben im Aabach und einen Absperrschütz im Kanal lässt sich der Zu- bzw. Abfluss der beiden Kraftwerke unabhängig voneinander regulieren.
Der Oberwasserkanal wird entlang der Kantonsstrasse, über Wiesen und schliesslich mit einer Dammaufschüttung bis zur ehemaligen Spinnerei Schellenberg an der Aretshaldenstrasse im Aathal offen geführt. Hier befindet sich der Dükereinlauf. Eine Rechenreinigungsanlage von 1995 gibt das Geschwemmsel in eine mobile Transportmulde ab. Im Düker fliesst das Wasser in einer Druckleitung aus Stahlbeton unter der Kantonsstrasse hindurch bis zum Wasserschloss auf dem Areal der Spinnerei Aathal.
Das markante, einem Bunker ähnliche Wasserschloss aus Sichtbeton ist als offenes Gefäss mit Überfallanlage, Saugüberfall und Spülschütze konzipiert. In direkter Verbindung mit dem Wasserschloss steht das Turbinenhaus, das über die architektonische Gestaltung – Satteldach, Putzfassade, hochrechteckige Fenster mit Sprossen – in deutlichem Kontrast zum Wasserschloss steht. In der hohen und lichten Turbinenhalle steht die bauzeitliche vertikalachsige Kaplanturbine (Escher-Wyss, Zürich, 254 PS) mit Drehstrom-Synchrongenerator (BBC, 255 kVA) und einem Reglerapparat in Betrieb. Zudem sind eine stillgelegte Francisturbine, die früher bei Wasserknappheit eingesetzt wurde, und ein Steuerungskasten aus der Bauzeit vorhanden.
Unterhalb des Westfassade des Turbinenhauses vereinigt sich der Überlauf des Wasserschlosses mit den beiden Turbinenausläufen in einem kurzen Unterwasserkanal, der bei der Strassenbrücke in den Aabach mündet.
Quellen und Literatur
R. Gadola, denkstatt sàrl, Sanierung Wasserkraftwerke am Aabach, Projektbeschrieb Kraftwerk Aathal. Unveröffentlichtes Manuskript, 2019.
P. Ott, arbeiten und leben am Millionenbach. Uster 2019, 62–73.
Heimatspiegel 2007_5 Kleinkraftwerke
(Cornel Doswald, 2024)